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Hat er wirklich das S-Wort gesagt? Er hat. "Sexy und hinreißend" solle die junge Prinzessin aussehen, antwortete Regisseur Lucas, als Kostümbildnerin Trisha Biggar ihn bei der Planung zu Episode I nach dem Look von Amidala fragte. Und um sicher zu gehen, fügte das große Flanellhemd noch hinzu, Schauspielerin Portman möge doch bitte "knappe Kleidung" tragen.

Damit war die Wende komplett: Die Zeiten, in denen alle Figuren im Lucas-Evangelium aussehen mussten wie die Unschuld vom Outer Rim, waren endgültig vorbei. Schluss mit dem Zölibat in "Star Wars"! Statt Brustwarzen mit Klebeband zu tarnen, steckte man die Heldin in einen Anzug, der so eng saß, als bestünde er aus Klebeband. Und nachdem ein Monster in Episode II in einer wohl kalkulierten Attacke aus dem Oberteil auch noch das mittlere Stück herausgerissen hatte, konnte Schauspielerin Portman fortan bauchfrei im - gesellschaftlich völlig akzeptierten - Girlie-Look durch die Schlacht turnen.

Keine Frage: Der T&A-Faktor in einer weit entfernten Galaxis stieg - nicht zuletzt durch den verstärkten Einsatz von Twi‘leks, einer Rasse, deren Äußeres durch wuchtige Ausbeulungen gekennzeichnet ist, unter anderem auf dem Kopf. Vor allem ein blauhäutiges Babe namens Aayla Secura eroberte schnell Herzen und Schoß der männlichen Fans und avancierte zur heimlichen Erotikqueen der Prequels. Seitdem kann sich Darstellerin Amy Allen über Einladungen zu Conventions freuen - obwohl sie in "Episode II" nur magere drei Sekunden auf der Leinwand zu sehen war.

Auf Null Sekunden brachte es das chinesische Model Bai Ling: Sie hatte in der "Rache der Sith" ursprünglich eine kleine Komparsenrolle übernommen, sich aber noch vor dem Start des Films im Playboy ausgezogen. Als dann bekannt wurde, dass ihre Szene herausgeschnitten wurde, stand für Klatschreporter schnell fest: Der verklemmte Imperator hat die Tittenmaus rausgeworfen. Das wollte der Meister nicht auf sich sitzen lassen und meldete sich höchstpersönlich zu Wort: Seine eigene Tochter sei in der gleichen Szene zu sehen gewesen, ließ Lucas verlauten. Die Passage rauszuschneiden hätte rein künstlerische Gründe gehabt.

Hatte sich Lucas in Sachen Sex also doch endlich locker gemacht? Definitiv nicht. Denn am 26. Oktober 2001 brach in der Star-Wars-Welt quasi über Nacht die Erotik-Eiszeit aus: Lucasfilm verklagte die Macher von Starballz, einer absolut nicht jugendfreien Kreuzung aus japanischen Animationsserien und der alten Trilogie. Als Begründung hieß es von der Skywalker-Ranch, der Zuschauer könnte den Eindruck bekommen, es handele sich um ein offizielles Produkt. Wer sich auch nur wenige Sekunden des popkulturellen Gangbang antut, erkennt, wie bizarr dieser Vorwurf ist. Oder würde Lucas wohl einem Streifen seinen Segen geben, dessen Held sich Wank Solo (etwa: mastubiere allein) nennt?

Dann aber passierte etwas, womit die Moralapostel aus Marin County nicht gerechnet hatten: Sie verloren den Prozess. "Starballz" durfte ab sofort wieder verkauft werden. Aus lauter Freude schlug das Animationsstudio zurück und verklagte Lucasfilm wiederum auf 140 Mio. Dollar Schadensersatz - allerdings vergeblich.

Doch die Macht war erschüttert worden - ein und für allemal. Lucas, mittlerweile im Rentenalter, hatte auf seine alten Tage die berühmte 34. Regel des Internetzeitalters lernen müssen:
Wenn es existiert, gibt es einen Porno dazu.
Und dagegen kann nicht einmal der "Maker" etwas ausrichten.

In gewisser Weise hat "Starballz" die Saga sexuell befreit. Seit der Schlappe lässt Lucasfilm die meisten kleinen Schweinereien im Namen von "Star Wars" durchgehen. Zeichner wie Miravi oder T Catt können im Netz ihren erotischen Fantasien freien Lauf lassen, und jede noch so abwegige Paarung oder Penetration durchspielen - bis hin zur Girl-on-Girl-Action mit Tante Beru und Padme. Comics wie das spanische Star Warras verbinden Parodie mit Paarungsszenarien. Spezielle Suchmaschinen liefern Hardcore-Material zu nahezu jedem Charakter aus dem Star-Wars-Universum, und wem Zeichnungen nicht reichen, der kann für 7.000 Dollar sogar eine hochrealistische - absolut unlizenzierte - Sexpuppe im Twi‘lek-Look bestellen.

Auch die Profis der Erwachsenenunterhaltung haben sich noch mehrfach an Lucas Oevre vergagengen. Auf "Sex Wars" (1985), folgte im selben Jahr noch "Stud Wars" mit einem jungen Peter North, später "Pussy Wars",  "Anal Wars" und noch einmal "Sex Wars" - diesmal eine japanische Produktion. Bis auf das "Wars" im Namen haben diese Werke mit dem Weltraummärchen meist nichts gemein.

Buchstäblicher Höhepunkt der Schmuddel-Adaptionen allerdings dürfte Porn Wars des bekannten Labels Private sein (Werbespruch: Cum join the Force!). Dessen Produzenten haben zur Abwechslung wirklich einmal Geld in die Hand genommen: Passable Kulissen und ein paar billige Computergrafik-Effekte sollten dem Zuschauer die Abenteuer der "Jodi-Ritter" versüßen. Doch so hölzern wie die klappernden Besenstiele, die als Lichtschwerter herhalten, agieren auch die Schauspieler. Selbst in der Erotikbranche hat man schon besseres gesehen, etwa in dem bekannten Intro des Films "Sky’s Day Off".

In der Fortsetzung "Porn Wars - Episode II" ließ die Sorgfalt der Macher übrigens stark nach: Auf dem Cover posieren die weiblichen Jodi-Ritter mit stinknormalen Schrotflinten.

Wirklich liebevoll hat sich dem Thema Sex und Star Wars bislang nur US-Regisseur Kevin Smith angenommen - kein Wunder, schließlich brüstete sich der Mann lange Zeit, seiner Frau auf der Skywalker Ranch das Ja-Wort gegeben zu haben (zumindest bis zu seiner Scheidung). In seinem Film Zack and Miri Make a Porno kommen die Hauptdarsteller auf die Idee, ihre knappe Kasse dadurch aufzubessern, dass sie einen Hardcorefilm drehen. Und wie lautet der Titel des fiktiven Werks? "Star Whores" natürlich (für die Fortsetzung ist "The Empire Strikes Ass" angedacht).

Auch in der erotischen Live-Unterhaltung taucht die Saga ab und zu noch auf: Erst Anfang des Jahres feierte in L.A. eine so genannte Burlesque-Show rund um "Star Wars" Premiere. Die Macher dieser Auszieh-Abende wollen sich bewusst vom professionellen Stripgeschäft mit seinen braungebrannten Silicon-Valleys abgrenzen: Beim Burlesque entblättern sich nur Amateure  - und das auch nicht komplett, Witz und Kreativität sind gefragt, perfekte Körper eher nicht. Jabba the Hutt etwa wird hier auf der Bühne von einer Dame gespielt, die sich dutzende von Luftballons um den Körper gebunden hat (Video).

Etwas künstlerischer ging unlängst der Berliner Fotograf Daniel Josefsohn das Thema "Sex und Star Wars" an. Er fotografierte unbekleidete Frauen mit Stormtrooper-Helm - und zwar im Stil des Aktspezialisten Helmut Newton. Seine liebevolle Neu-Interpretation der "Big Nudes", die Anfang 2010 im Hamburger Kunstverein ausgestellt wurden, betitelte Josefsohn augenzwinkernd mit "Lieber Helmut, lieber George, ich wollte auch mal mit der Eisenbahn spielen".

Und George ließ ihn spielen. Warum auch nicht? Schließlich winkt die Ranch mittlerweile sogar Bademode im R2-D2-Look durch.

Fazit: Die Lust hat gesiegt. Dreißig Jahre waren genug, um das unschuldige Märchen von 1977 gnadenlos zu deflorieren. Sex und "Star Wars" - das passt im neuen Jahrtausend wunderbar zusammen. Doch obwohl Bilder einer Frauenorgie in Padmes Palast nur einen Mausklick entfernt, bleiben die alten Fans ihrer ersten Liebe treu. Insofern bringt der Film "Fanboys" die sexuellen Spätfolgen der Saga ganz gut - wenn auch etwas derbe - auf den Punkt:

"Hast du deine rechte Hand jemals Leia genannt?"

Constantin Gillies ist Autor des Buchs "Die Macht mit uns" (Rowohlt 2005). Soeben ist sein neuer Roman Der Bug erschienen, in dem selbstverständlich Leias Metallbikini erwähnt wird.

TEIL I

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